Was meinst du damit konkret, Daniel?

Daniel: Wir haben zu oft erlebt, dass die an einer Kampagnenkonzeption beteiligten Agenturen kein gemeinsames Verständnis für die Ziele der Kunden entwickelt haben. Das führt mindestens zu Missverständnissen und im schlimmsten Fall zu einem Nicht-Erfolg und gegenseitiger Schuldzuweisung. Kampagnen müssen von Anfang an kanalspezifisch geplant werden.

Es gibt so viel Potential, das nicht genutzt wird, weil es keinen frühen Dialog zwischen Kreation und Media gibt.

Zitat: Daniel Weber

Welche Herausforderungen stellten sich zu Beginn?

Alex: Zu Anfang galt es sicherlich, unsere hohen Ansprüche in Einklang zu bringen und mit Inhalten zu füllen, dann das Vertrauen von Kunden zu gewinnen, um unseren Ansatz unter Beweis zu stellen. Das ist geschafft. Jetzt möchten wir unser Konzept mit einer starken Markenidentität ausstatten und kontinuierlich weiterentwickeln.

Für was steht denn der Name „No Lead“ genau – heißt das, weder Media noch Kreation hat die Führung?

Daniel: Der Name ist eine Herausforderung und ein Versprechen. Offen gestanden hat uns beide die Attitude „Leadagentur“ immer mehr genervt…

Alex: …weil wir mit dem Begriff inzwischen eine Menge negativer Attribute verbinden: Herrschaftswissen, Stille-Post-Kommunikation, hidden Agendas – die Liste ist lang. Das machen wir besser – auf Augenhöhe zwischen uns und den Kunden.

Euer Schulterschluss ist an sich nicht neu. Viele Fullservice-Agenturen bieten doch Media und Kreation unter einem Dach an – was macht denn euren Ansatz besser?

Daniel: Dass er funktioniert. Uns ist absolut bewusst, dass nolead.agency nicht nach einer Revolution klingt. So soll es auch gar nicht klingen – vielmehr soll es sich für unsere Kunden so anfühlen. Und hier bekommen wir das Feedback, dass es auch große Agenturen, die faktisch alle Leistungen an Bord haben, nicht schaffen, den Dialog zwischen Kreation und Media hinzubekommen. Wir aber schon.

Zusammenarbeit muss man erstmal wollen – und ein paar Rahmenbedingungen schaffen.

Zitat: Alex Kienborn

Ihr seid beide seit längerem im Geschäft. Woran liegt es, dass sich diese Grabenkämpfe oder anders ausgedrückt, diese mangelnde gegenseitige Wertschätzung so hartnäckig hält?

Alex: Zusammenarbeit muss man erstmal wollen – und ein paar Rahmenbedingungen schaffen. Einer der Gründe – vielleicht der wichtigste – warum Kreation und Media oft keinen fruchtbaren Dialog führen, ist die Konkurrenz um das Budget. Das gilt selbst für Agenturen, die beides unter einem Dach vereinen. Durch diese Konkurrenz entstehen viele Ineffizienzen, die alle zulasten der Kunden gehen: Man spricht nicht miteinander oder enthält sogar bewusst Information zurück.

Es geht also nur ums Geld? Nur bei euch nicht? Wie habt ihr das untereinander geregelt?

Alex: In dem es erst mal keine Rolle spielt. Das meine ich ernst. Wir sprechen erst über Ideen, Ansätze, Lösungen und nicht über Budgets.

Daniel: Und mal ehrlich – auch ohne die Budgetkonkurrenz hakt es oft. Das liegt daran, dass die beiden Agenturtypen völlig unterschiedlich arbeiten und ein echter Austausch viel zu selten stattfindet - und noch seltener aus eigener Motivation heraus. Die Möglichkeiten, Botschaften zu transportieren, entwickeln sich in der Media ständig weiter. Es gibt neue Werbeformen oder Targetierungen – nur wer das effektiv mit Kreation vereint, schafft eine bessere Gesamtleistung.

Kreation messbar machen. Das bedeutet Verantwortung zu übernehmen und seine eigene Arbeit messbar machen zu lassen.

Zitat: Alex Kienborn

Alex: Andererseits kann die Kreation von den Zahlen profitieren, die von der Media geliefert werden. Daher lautet meine Überzeugung im Kern auch: Kreation messbar machen. Das bedeutet Verantwortung zu übernehmen und seine eigene Arbeit messbar machen zu lassen.

Der Leidtragende ist am Ende immer der Kunde. Heißt das, dass ein starker Kunde, der seine Agenturen gut führt, schon viele Ineffizienzen verhindern kann, während andere Kunden sich sozusagen mit der Opferrolle abfinden müssen?

Daniel: Wir möchten unsere Kunden von der Notwendigkeit befreien sich dieser Aufgabe stellen zu müssen. Wenn ich mir mal die Kundenbrille aufsetze, muss ich mich doch fragen: Ich briefe und bezahle meine Dienstleister und dann muss ich noch den Karma-Coach geben? Das ist doch unnötig anstrengend und setzt zudem voraus, dass ich mich auch inhaltlich auf der Höhe der Dienstleister bewege, die ich eigentlich dafür bezahle, dass sie mehr wissen als ich. Die mir Sicherheit mit ihrem Expertenrat geben sollen. Ich kann Kunden verstehen, die das so nicht steuern können oder wollen. Genau dafür sind wir dann da.

Ihr fokussiert euch mit eurem Angebot auf den Mittelstand. Warum?

Alex: Wir sehen uns als Partner für alle, die weniger Zeit mit Agentursteuerung und mehr Zeit für anderes haben wollen. Dabei funktioniert unser Konzept für alle Branchen, sowohl B2C als auch B2B.

Kein Unternehmen hat Geld zu verschenken. Aber gerade in mittelständischen Unternehmen müssen Kampagnen im Grunde beim ersten Anlauf sitzen.

Zitat: Daniel Weber

Daniel: Kein Unternehmen hat Geld zu verschenken. Aber gerade in mittelständischen Unternehmen müssen Kampagnen im Grunde beim ersten Anlauf sitzen. Größere Unternehmen können falsche Entscheidungen, wenn es denn sein muss, besser verkraften. Mit der gemeinsamen Arbeit von Kreation und Media herrscht Transparenz von Anfang an, die Budgetgrenzen sind klar und alle können gemeinsam überlegen, wie man in diesem Rahmen ein Produkt, eine Dienstleistung am besten zum Fliegen bringt. Wie gut das funktioniert, zeigt etwa das Beispiel Finnlines. Das Fährunternehmen ist einer unserer ersten gemeinsamen Kunden.

Alex: Die Zusammenarbeit ist phantastisch und ebenso erfolgreich. Startschuss war ein gemeinsamer Workshop, bei dem alle Wünsche, Anliegen, Zielsetzungen von Finnlines ungeschminkt auf den Tisch kamen – auch über Grenzen haben wir offen gesprochen. Dann haben wir quasi mustergültig die zielgenaue Mediastrategie mit Fokus auf die Zielgruppe 45plus aufgesetzt, zu der schließlich die passenden Werbemittel kreiert wurden.

Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Was sind hier konkrete Vorteile der Zusammenarbeit von Anfang an – was wäre bei einem Silo-Ansatz – Kreation und Media arbeiten getrennt – unter den Tisch gefallen?
Alex: Die Liste der Vorteile ist lang: Zunächst sitzen zwei Expertengruppen ihrer jeweiligen Disziplin direkt und sofort zusammen am Tisch. Das verdoppelt den Erfahrungsschatz und die Ideen, die dem Kunden-Projekt zugutekommen. Man lernt in der ersten Minute voneinander und übereinander. Die Media bringt sofort quantitative Überlegungen mit rein – eine meiner Kernthesen: Kreation muss messbar sein. Das bringt auch uns immer wieder auf komplett neue Denkpfade. Und dann findet das Ganze in einem unmittelbaren Dialog statt – ohne Zeitverluste. Total effizient.

 Man lernt in der ersten Minute voneinander und übereinander.

Zitat: Alex Kienborn

Daniel: Ganz genau – und um den Kreis zu unserer nolead.agency zu schließen: Es gibt eine spannende Studienlage dazu, dass kleine Gruppen sich sehr gut kennender Menschen besonders erfolgreich sind innovative, kreative und unkonventionelle Lösungen und Ideen zu finden. Diese Methodik machen wir uns zunutze.

Nochmal zurück zum Anfang. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz stellt zunehmend die Geschäftsmodelle von Agenturen in Frage. In Kreation wie Media kann mittlerweile vieles von der KI übernommen werden mit der Folge, dass Kunden immer öfter nicht bereit sind, bisherige Kostenmodelle zu akzeptieren. Ist diese Entwicklung nicht auch bei euch mit ausschlaggebend gewesen, hier eventuell im Schulterschluss eine stärke Position zu haben?

Daniel: Ja, es stimmt, dass KI zunehmend Einzug in unser Tagesgeschäft hält. Und wir müssen, wie der gesamte Markt, unsere Strukturen überdenken. Aber das heißt nicht, dass unsere Arbeit überflüssig wird. Im Gegenteil. Ein wichtiger Trend ist die zunehmende Personalisierung von Inhalten und die Nutzung von Datenanalyse, um zielgerichtete Kampagnen zu erstellen. Media wird von Daten am meisten profitieren. KI wird helfen, diese Daten nutzbar zu machen. In der Kreation sind Konzepte wie die Integration von Augmented Reality und Virtual Reality zukunftsweisend. Um hier für den Kunden die bestmögliche Effizienz zu erzielen, ist das Knowhow, das Agenturen mitbringen, wichtiger denn je.

Media wird von Daten am meisten profitieren. KI wird helfen, diese Daten nutzbar zu machen.

Zitat: dan

Alex: KI ist bereits Bestandteil unserer Arbeit geworden und trägt dazu bei unsere Ziele zu erreichen: Die Zufriedenheit unserer Kunden und von uns selbst zu steigern, nämlich dann, wenn das Zusammenwirken von Kreation und Media messbar funktioniert und wir durch unsere gemeinsamen Lösungen echten Mehrwert zu schaffen.

Stichwort Messbarkeit: Es gibt viele Antworten auf die Frage, wie hoch der Anteil von Kreation und der von Media am Erfolg – oder auch Misserfolg – einer Kampagne ist. In der Regel ist der Anteil von Kreation deutlich höher. Wie seht ihr das? Und sagt jetzt bitte nicht in trauter Zweisamkeit Fifty-Fifty….

Alex: In dem Wunsch, das auf eine so einfache Formel zu reduzieren, liegt aus unserer Sicht schon ein Teil des Problems. Denn so einfach ist es leider nicht. Jede Marke, jedes Produkt und jede Botschaft können sehr unterschiedlich wahrgenommen werden – in Abhängigkeit von Parametern wie Format oder Umfeld. Für ein bestmögliches Ergebnis müssen mehrere Stellschrauben richtig eingestellt sein – und oft auch zur Laufzeit nochmal nachgezogen werden.

Daniel: …und genau da kommen wir mit unserer Leidenschaft ins Spiel. Wir hören nicht auf mit dem aus unserer Sicht richtigen Setup – wir begleiten weiter. Analysieren, testen gegeneinander und steuern nach – so man uns lässt.

Last but not least: Was glaubt Ihr: Werden wir in nächster Zukunft generell ein stärkeres Zusammenrücken von Kreation und Media erleben? 

Alex: Wir glauben, insgesamt wird es einen deutlichen Trend stärkerer Konsolidierung im Marketing, in der Media und Kreation geben. Das wird auch die Publisher Seite miteinschließen und andere Spezialanbieter am Markt. Wir gehen hier einen ersten bewussten Schritt.

Daniel: Die Frage ist: Wer können die Architekten dieses Trends sein? Wem traue ich das zu? Gemeinsam mit unseren großartigen Teams haben wir uns diese Frage mit nolead.agency positiv beantwortet.

W&V Academy: Mediaplanung

Die Grabenkämpfe zwischen Kreation und Media und wie man hier als Agenturkunde agieren sollte, sind auch ein Top-Thema in unseren beiden Mediaplanungs-Seminaren der W&V Academy, die ich mit namhaften Expert:innen entwickeln durfte. Auch Daniel Weber und Alex Kienborn gehören seit längerem zum Team der Referent:innen.

Für Einsteiger: Mediaplanung Basics 

 9./10. Oktober 2024, online 

Infos und Buchung

Für Fortgeschrittene: Mediaplanung Deep Dive

6./7. November 2024, online 

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Autor: Christiane Treckmann

Christiane Treckmann ist Mitglied der W&V Redaktion. Ihre Interessen: das Spannungsfeld von Menschen, Marken und Medien - analog und insbesondere digital. Daher liegen ihr besonders Themen rund um Markenstrategien, Mediaplanung, Nachhaltigkeit, KI - und die Menschen dahinter am Herzen. Christiane ist zudem regelmäßige Moderatorin der W&V Webinare.